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Geschrieben von weiss nix am 11.11.2005 um 15:04:

  Bald nun ist Weihnachtszeit

... ja, ihr habt es sicher schon im September an den Lebkuchen in den Läden bemerkt: bald ist wieder Weihnachten.

Ja, da wird es ja auch Zeit, sich mal ein Buch zu kaufen.

Als zweite Buchempfehlung gebe ich die bereits von mir erwähnte "Weihnachtsgeschichte" von Charles Dickens ab.

Ich halte das für ein Grundwerk, das jeder gelesen haben sollte - denn es vermittelt den anschaulichsten und kürzesten Zugang zum tiefgründigen Kern von Philosophie und allgemeinen Religionslehre.



Geschrieben von weiss nix am 11.11.2005 um 15:13:

 

Die Weihnachtsgeschichte ist sehr tiefsinnig, deshalb gebe ich mal vorab eine kleine Interpretationshilfe.

Im Zentrum der Geschichte steht nach heutiger Erkenntnis die literarische Verbildlichung einer Sterbeerfahrung. (Möglicherweise hat Charles Dickens die Geschichte allein zur Verarbeitung seiner eigenen Erfahrung geschrieben.)

Durchaus kann man diesem erwiesenen Phänomen skeptisch gegenübertreten und ihm die Brückenfunktion zwischen Leben und metaphysischer Wertewelt absprechen. So kann man derartige Erfahrungen durchaus streng naturwissenschaftlich als Trick des Körpers auffassen, mit einem automatisch ausgelösten "Unterhaltungsprogramm" den Todeskampf zu überspielen.

(So verweise ich nur auf die streng naturwissenschaftlichen Überzeugungen des immer guten und tapferen Helden in der anderen Geschichte. Der hatte anfangs noch jedwede Form des Übernatürlichen strikt abgelehnt und beispielsweise das Buch eines Niedersachsen, über die "Metaphysik des Ichs", als völligen "Quatsch" bezeichnet. Ich bin mir sicher, zu dieser Zeit hätte man den Helden mit gar nichts überzeugen können. In diesem Sinne muss man dem Niedersachsen doch recht geben: Für Outsider ist es eben eine "Frage des Glaubens".)



Geschrieben von weiss nix am 11.11.2005 um 15:47:

 

Sieht man aber solche Erfahrungen als nicht nur vorgestellt, sondern tatsächlich erlebbar an, lassen sich die Werte aus dem Sein des Menschen ableiten.

(So kann man, wie später vom Helden in der Geschichte und der modernen Wissenschaft (ohne Spezifizierungen in einzelnen Religionen, Glaubensrichtungen oder Philosophien) generell von einem allgemeinen Gesamt- (Bewusst-)Sein ausgehen, das Teile von sich abspaltet, zeitweise ins Leben transformiert, und schließlich wieder in sich vereinigt ... um sich selbst zu erkennen und weiterzuentwickeln.)

In diesem Sinne zeigt eine solche Erfahrung doch die Wirklichkeit und damit auch den Sinn des Lebens.


Jetzt noch zwei wichtige Punkte

1.

Nun ist die Weihnachtsgeschichte natürlich keine detaillierte Sterbeerfahrung, sondern nur eine - wenngleich auch empfindungsäquivalente Verbildlichung ihrer Abläufe und Wirkungen.

((Die Wissenschaftler gehen ja aufgrund ihrer empirischen Untersuchungen davon aus, das niemand sich an alle Stufen einer solchen Prozedur erinnern könne und vermuten, dass zwar jeder alle Stufen durchlebt, aber Schwelle zurück ins Leben einfach zu extrem sei, als dass man alle Erinnerungen daran hinüberretten könne. ... vgl. aber immer guter und tapferer Held "Vergessen! - wie kann man so etwas vergessen!"))

Aber die Geschichte ist insofern vollständig, als es um die Rückbeziehung vergangener Handlungen auf das Leben und damit um den Sinn des Lebens für das Individuum geht (bzw. wie er sich zumindest am Ende des Lebens darstellt).

Egal, ob man solche Erfahrungen nur als Sterbeprorgamm oder als Ausfluss eines höheren Seins ansieht - soviel ist sicher:
Eine Situation wie sie sich für den alten Scrootch in Gestalt des Geistes seines ehemaligen Geschäftspartners darstellt wird jeden erwarten.
Niemand ist davor gewahrt, das von ihm ausgegangene Leiden anderer zu erkennen und es hilflos (weil körperlos) ertragen zu müssen.
Der Auftritt des Geistes darf deshalb auch als Höhepunkt der Geschichte gelten.



((Ergänzt werden muss allerdings, dass dieser Zustand nicht dauerhaft ist - wie in verschiedenen Religionen suggeriert wird. Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass das Empfinden und die Selbsterkenntnis in solcher Situatuion nicht dieselbe ist wie im Leben - so dass bei Bewirkung großen Leidens im Leben die Selbsterkenntnis als Teil eines Gesamtbewusstseins schon als harte Strafe empfunden werden dürfte)).

[Ich erwarte gar nicht, dass man mir glaubt, mir reicht es wenn man davon gehört hat und später sagt: "tatsächlch - es stimmt doch")]



Geschrieben von weiss nix am 11.11.2005 um 15:58:

 

2.

Ausgespart aus der Weihnachtsgeschichte wird auch das Problem der Transformation der erfahrenen Werte in die Realität.

Die Sterbeerfahrung des Scrootch endet ja praktischerweise gerade an Weihnachten - und da sind die Leute ja für gewöhnlich aufgeschlossener was Mitmenschlichkeit angeht. (Auch wenn ich natürlich aufrgund meiner Großstadterfahrungen nicht sicher bin, ob die Leute wie in Dickens Geschichte auch nur leicht irritiert sind, wenn jemand in heutiger Zeit am Weihnachtsmorgen die Fenster auffreißen würde und jedem Vorbeikommenden "Fröhliche Weihnachten" wünschen würde.)

Sicher haben sich schon einige von euch gefragt, wie es denn nach den Weihnachtstagen in der klassischen Geschichte weitergeht. Allein der Vorsatz des belehrten Hauptakteurs, es solle von nun an "jeder Tag wie Weihnachten" sein, dürfte eine Reihe Probleme mit sich bringen. ( Auch wenn natürlich der lebenserfahrende Scrootch realitätsfremderweise keine anderen Probleme zu haben scheint, und das alles vielleicht tatsächlich leicht in den Griff bekommen könnte.)





aber zugegegeben:

Man braucht sich auch gar nicht auf solche Grübelleien einzulassen. Man kann die Weihnachtsgeschichte auch ganz einfach als schone Geschichte lesen und die Frage, warum sie viele Leute so berührt getrost beiseite lassen.



Geschrieben von weiss nix am 24.11.2005 um 13:46:

 

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Geschrieben von weiss nix am 25.11.2005 um 17:30:

 

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